Was ist Nervosität und wie wirkt sie sich auf Präsentationen aus?
Eines der Themen, welches in meinen Coachings am häufigsten vorkommt, ist Nervosität vor einem Auftritt, auch «Lampenfieber» genannt. Darunter versteht man die Aufregung oder Anspannung beim Sprechen oder Auftreten vor anderen Menschen. Das kann ein Vortrag sein, eine Ansprache, eine Präsentation oder auch die Leitung einer Sitzung.
Wie zeigt sich diese Nervosität?
Die Symptome sind vielfältig: ein Kribbeln im Körper, starkes Schwitzen, zittrige Hände, flauer Magen, trockener Mund, weiche Knie, rote Flecken am Hals, flacher Atem, stockende Stimme und vieles mehr. Es handelt sich immer um unmittelbar körperlich spürbare Reaktionen, welche mit dem Verstand nicht zu kontrollieren sind. Steigert sich diese Nervosität in eine Angst oder einen Zustand der Panik, welche die betroffene Person sehr stark einschränkt, spricht man von Redeangst (siehe anderen Ratgeber).
Die Ursache von Lampenfieber liegt tief in der Urzeit
In der Zeit der Neandertaler war eine blitzschnelle Beurteilung einer Situation überlebenswichtig. Bei auftretender Gefahr, zum Beispiel durch ein Unwetter oder ein grosses Tier, mussten diese Signale innerhalb von Sekunden im Gehirn analysiert und eine Wahl getroffen werden: Wegrennen oder kämpfen?
Dieses archaischen Reaktionsmuster auf Stressimpulse nennt sich «Flight-or-fight» (Flüchten oder kämpfen). Egal wofür sich der Neandertaler entschied, für beides brauchte der Körper sehr schnell sehr viel Energie. Diese erhält unser Körper durch dasStresshormon Adrenalin, das nun ausgeschüttet wird. Das Adrenalin machte den Neandertaler blitzschnell aufmerksam, hellwach und handlungsfähig. Sein Körper war bereit, zu kämpfen oder um sein Leben zu rennen.
Und heute?
Die heutige Ursache für Lampenfieber ist Bewertungsstress. Die Reaktion, in unserem Gehirn die gleiche. Sobald wir vor Publikum stehen, exponieren wir uns und werden dadurch angreifbar. Wir fühlen uns der Bewertung der zuschauenden Masse schutzlos ausgeliefert: Was denkt mein Chef über meine Präsentation? Was ist, wenn niemand meine Rede doof findet? Das Gefühl, diesem Urteil ausgeliefert zu sein, kann den Stress noch erhöhen. Denn wie andere uns beurteilen, können wir nicht vollumfänglich beeinflussen. Wir können nur unser Bestes geben.
Wie man sein Selbstvertrauen stärkt
1. Sei dir bewusst: Du bist nicht allein
Wir alle kennen das Gefühl von Nervosität. Aber niemand spricht gerne darüber. Schon gar nicht im Berufsleben. Politiker, Chefinnen, Schauspielende – die meisten sind vor einem Auftritt nervös. Meistens ist das von aussen aber nicht sichtbar. Nervosität wird oft als Kontrollverlust und damit als Schwäche interpretiert. Doch das Gegenteil ist der Fall: Wer vor etwas nervös ist, zeigt, dass ihn die Situation etwas bedeutet. Das macht einen Menschen authentisch und nahbar.
2. Erlaube dir zu scheitern
Der Umgang mit Nervosität beschäftigt uns alle, auch wenn wir das nicht immer so wahrnehmen. Wir leben in einer Zeit, in der jedes Video perfekt aussieht. Jedes Foto bis zur Unkenntlichkeit geschönt wurde und jeder Auftritt komplett choreografiert wird. Dies erweckt den Eindruck, dass alles beim ersten Mal gelingen sollte. Üben oder gar scheitern ist in den Köpfen vieler Menschen nicht mehr vorgesehen. Erlaube dir zu scheitern, auszuprobieren und zu üben. Den Entwicklungen beginnen genauso. Man steht wieder auf und probiert es nochmals – bis es gelingt.
3. Sei bitte nicht perfekt
Der Perfektionsanspruch an dich selbst, steigert deine Nervosität ins Unermessliche. Schraube darum deine Ansprüche an deinen Auftritt herunter. Setz dir realistische Ziele. Willst du die beste, witzigste, spannendste 5-Minuten-Performance abliefern? Diesen Superlativen gerecht zu werden, ist unmöglich. Wie wäre es mit einer 5-Minuten Rede mit zwei begründeten Kernaussagen?
4. Bring dich in die «ich-kann»- Stimmung
Negative Gedanken steigern die Redeangst zusätzlich. Schreibe darum im Vorfeld drei positiv formulierte Sätze, wie zum Beispiel «Ich bin eine Fachperson für dieses Thema», oder: «Ich bin gut vorbereitet» auf. Diese Sätze sollten einfache, aber konkrete Aussagen zu dir selber und zur Situation sein. Lerne diese Sätze auswendig und sage sie dir immer wieder auf. Wort für Wort. Gerade, wenn die Angst kurz vor dem Auftritt gross ist, wirken diese Sätze wunder.
Wie kann man Nervosität vor Präsentationen bewältigen?
Nervosität hat leider zu Unrecht einen schlechten Ruf. Was passiert in diesem Moment in unserem Körper? Der Puls erhöht sich, die Aufmerksamkeit wird verbessert, die Durchblutung der Muskeln läuft auf Hochtouren. All diese Dinge sind eine notwendige Aktivierung des Körpers, um die Leistung zu optimieren. Nervosität zeigt dir (und anderen), dass dir etwas sehr wichtig ist. Nutz diese Portion extra Energie, die dein Körper zur Verfügung stellt. Das tut er nicht für jede Situation!
1. Eine gute Vorbereitung reduziert den Stress
Mit dem Schreiben deines Textes oder deiner Präsentation alleine ist es noch nicht getan! Probiere so viel wie möglich über das Profil deines Publikums zu erfahren: z.B. Wie alt sind sie, welchen Bildungsgrad haben sie? Dies hat einen Einfluss auf deine Wortwahl. Wissen sie bereits etwas zum Thema? Dies hat Einfluss auf den Inhalt deiner Rede oder Präsentation.
Probiere aber auch möglichst viel über das Setting in Erfahrung zu bringen: Welche Anforderungen stellt der Raum? Brauchst du ein Mikrofon? Oder andere technischen Hilfsmittel? Wie ist der Tagesverlauf? Wo wirst du dich vor deinem Auftritt befinden? Je mehr du im Vorfeld klären und organisieren kannst, je entspannter wirst du an dem Tag deines Auftritts sein.
2. Probeläufe
Ich werde häufig gefragt, ob ich z.B. vor Lesungen noch probe. Und die Antwort ist: Ja. Alle Profis proben. Darum sind sie Profis. Nicht, weil sie Talent haben. Übe deinen Auftritt so viel wie du kannst. Vor dem Spiegel, liegend im Bett oder auf dem Klo. Überall! Immer! Je mehr du probst, desto sicherer bist du später. Mehr Sicherheit, mehr Erfolg.
3. Lerne eine Meditationstechnik
Eine gute Methode, um in einen Zustand der aktiven Entspannung zu kommen, ist die Meditation. Es gibt zahlreiche Techniken und Hilfsmittel. Ein gutes Beispiel ist eine einfache Gedankenreise an einen Ort, den du magst. Schliess die Augen und stell dir diesen Ort mit allen Details und mit all deinen Sinnen vor. Geniesse das Gefühl der Geborgenheit und der Ruhe, die dir dieser Ort vermittelt.
4. Lerne eine Entspannungstechnik
Genauso wichtig wie die mentale Entspannung ist die körperliche. Auch hier gibt es viele Wege zum Ziel. Eine Möglichkeit ist Progressive Muskelentspannung (PMR) nach Edmond Jacobson. Dabei geht es um eine bewusste An- und Entspannung verschiedener Muskelgruppen. Dadurch kann eine tiefe Entspannung erreicht werden. Diese körperliche Erfahrung hilft sofort gegen Nervosität. Die Methode braucht etwas Übung, aber sie bietet dir ein sehr gutes Mittel, dass du jederzeit und überall anwenden kannst.
Umgang mit Lampenfieber vor einer Präsentation
Mit diesen Tipps und Tricks wirst du deinen Nervosität im Vorfeld in den Griff bekommen. Egal ob du auf der Bühne stehst, ein Referat hälst, oder im Gespräch wärend einer Bewerbung.
Bequeme Kleidung, dem Anlass entsprechend
Wähle für den Tag deines Auftritts bequeme Kleidung. Jedoch sollte die Kleidung nicht Grund für Gesprächsstoff sein. Wähle dezente Farben, keine Schriften oder Muster und informiere dich über einen eventuellen Dresscode.
Verkrampfungen lösen
Gestalte alles an dem Tag deines Auftritts etwas langsamer. Versuche eventuelle Verkrampfungen im Körper zu lösen, in dem du in Bewegung kommst, z.b. mit einem Spaziergang oder leichtem Sport.
Genug Trinken, keine Aufputschmittel einnehmen
Achte darauf, dass du vor deiner Präsentation etwas (leichtes) gegessen und im Laufe des Tages genug Flüssigkeit getrunken hast. Verzichte auf koffeinhaltige Getränke wie Cola, Kaffee, Energiedrinks. Beruhigungsmittel, Alkohol oder Drogen sind ebenfalls keine gute Idee vor einem Auftritt.
Achtung: Nervosität ist ansteckend
Zieh dich bewusst zurück, um alleine zu sein. Denn: Nervosität ist ansteckend. Es nützt jetzt nichts, von anderen Teilnehmenden zu erfahren, worauf du dich nicht vorbereitet hast, oder welche Katastrophen sich die anderen ausmalen. Hör Musik, mach eine Atemübung.
Umgang mit Lampenfieber während einer Präsentation
Jetzt geht es los, du stehst vor dem Publikum und bist aufgeregt. Mit diesen drei Tipps behältst du einen kühlen Kopf:
1. Atme
Es klingt einfacher als es ist: Atme. Während deines Auftritts ist die Bedeutung einer bewussten Atmung nicht zu unterschätzen. Probiere dich darauf zu konzentrieren, tief und langsam in deinen Bauch zu atmen. Das wird dich beruhigen und du wirst deutlicher sprechen.
2. Nutze deine Fantasie
Schau ins Publikum und stell dir vor, jemand oder etwas, das dir guttut, sitzt dort. Das kann eine geliebte Person sein, oder ein Haustier oder ein Fabelwesen. Such dir etwas aus, das dir ein gutes Gefühl vermittelt. Stell es dir in allen Details und Farben vor. Diese Fantasie macht es dir einfacher, freundlich und offen ins Publikum zu schauen.
3. Lass deinen inneren Kritiker draussen
Kennst du das: Im Moment des Geschehens beurteilst du dich selber? Erinnere dich an deine positiven «Ich-Kann» – Sätze. Schreib dir den Besten davon auf dein Manuskript oder Zettel. Das hilft dir, im Moment zu sein und dich nicht selbst fortwährend zu kritisieren.
Erste Hilfe bei einem Blackout
Es kann immer passieren, es ist der absolute Horror: ein Blackout. Plötzlich ist der Kopf leer, du verlierst den Faden, gerätst ins Stottern, hast keine Ahnung, was du gerade sagen wolltest. Mit diesen Tipps kommst du schnell wieder auf die Spur!
1. Entspannt bleiben
In diesem Moment wird dein Stresslevel sehr hoch sein. Aber je mehr du dich selber unter Druck setzt schnell aus diesem Blackout herauszukommen, je länger wird es anhalten. Atme tief und langsam und lenke deine Konzentration darauf, dass der Moment des Blackouts vorbeigeht.
2. Nimm dir die Zeit, die du brauchst
Exponiert vor Menschen und unserer Nervosität ausgeliefert, verändert sich unser Zeitgefühl. Die Zeit scheint sich zu dehnen, alles dauert eine Ewigkeit. In Wahrheit ist das aber nicht so. Es ist überhaupt kein Problem, wenn du einen Moment brauchst, um dich zu sammeln. Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Du wirst schneller wieder am Ball sein, als du denkst.
3. Nicht verstecken, oder vertuschen!
Ja, wahrscheinlich hat das Publikum gemerkt, dass du gerade ein Blackout hast. Das Schlimmste, was du jetzt tun kannst, ist versuchen das zu vertuschen. Dies wirkt unaufrichtig und unprofessionell. Sprich es laut aus: «Tut mir leid, jetzt habe ich gerade ein Blackout. Ich brauche einen Moment, dann gehts weiter …» Du wirst sofort merken, dass der Druck von dir abfällt. Das Publikum wird dich nicht dafür bestrafen. Im Gegenteil: Diese Aufrichtigkeit macht dich authentisch.
4. Zurück zum sicheren Hafen
Wiederhole den letzten Satz oder den letzten Punkt nochmals. Das gibt dir Sicherheit und wird dich entspannen. Dadurch findest du schnell wieder zurück in deinen Text. Bei einer Prüfung oder einem Interview, kannst du auch darum bitten, dass die Frage nochmals wiederholt wird. Dein Gegenüber wird dir das nicht übelnehmen.
Alles Übungssache: Routine gibt dir langfristig Sicherheit
Lampenfieber wird kleiner, wenn der Auftritt vor Menschen zur gewohnten Routine wird. In meinen Coachings zeige ich dir, wie dies gelingt. Durch die erlernten Techniken kannst du deine Gewohnheiten durch positive Erfahrungen ersetzten und mit Sicherheit erfolgreicher auftreten. Klicke hier, um jetzt einen Kennenlerntermin zu vereinbaren.